Die Rolle des Schiedsrichters ist weit mehr als das Leiten von Spielen – sie ist ein Antreiber für eine Persönlichkeitsentwicklung, die mich sowohl auf als auch neben dem Platz weiterbringt. Meine Reise als Schiedsrichter prägt nicht nur meine Herangehensweise an Spiele, sondern verändert auch grundlegend meine Persönlichkeit und mein Leben außerhalb des Fußballplatzes.
Selbstbewusstsein und zwischenmenschliche Beziehungen
Zu Grundschulzeiten und auch in der Anfangszeit in der weiterführenden Schule war ich sehr schüchtern und hatte deutliche Schwierigkeiten, auf andere Menschen zuzugehen. Als ich dann mit 12 Jahren meine ersten Spiele im Verein pfiff und mich im Alter von 13 Jahren dazu entschied, den Schiedsrichterschein zu machen, wurde ein Grundstein für eine gravierende Veränderung gelegt.
Als Schiedsrichter kommt man nicht drumherum, auf unbekannte Menschen zugehen zu müssen. Vor dem Spiel bespricht man sich mit den Trainern, während des Spiels kommuniziert man mit den Spielern und wenn man im Schiedsrichtergespann unterwegs ist, dann unterhält man sich vor und nach dem Spiel in der Kabine und auf den Autofahrten. Im Umkehrschluss bedeutete dies für mich damals, dass ich als „kleiner Junge“ gezwungenermaßen mit neuen und für mich unbekannten Leuten sprechen „musste“.
Das war der Startschuss der Veränderung, denn je öfter ich mit dieser für mich damals unangenehmen Situation konfrontiert wurde, desto besser wusste ich mit der Zeit damit umzugehen. Über die Jahre und die hunderten Spiele hinweg ist es für mich überhaupt nicht mehr unangenehm oder schwierig, auf neue Leute zuzugehen. Daraus lässt sich logischerweise schließen, dass mich das auch im Alltag vorangebracht hat. Telefonate, Konversationen in Alltagssituationen und das gezielte Ansprechen unbekannter Personen ist einfach geworden.
Umgang mit Stress und Konflikten
Als Schiedsrichter ist man nahezu in jedem Spiel mit Stresssituationen und Konflikten konfrontiert. Dies führt ebenfalls dazu, dass man sich idealerweise im Vorfeld in der Spielvorbereitung oder in der jeweiligen Situation genau überlegen muss, wie man selbst damit umgeht.
Ich habe durch diese Situationen auf dem Feld auch gelernt, wie ich im Alltag auf Stresssituationen und Konflikte reagieren muss.
Wie auch als Schiedsrichter gilt das Credo: Ruhe bewahren, Neutralität behalten, beobachten und situationsangemessene Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und umsetzen.
Kritikfähigkeit und Selbstoptimierung
Als Schiedsrichter steht man öfters mal im Mittelpunkt und wird, ob nun zu Recht oder zu Unrecht, häufig kritisiert. Für mich bedeutete dies, dass man eine gewisse Kritikfähigkeit entwickeln muss, damit man sich in der Fußballwelt als Schiedsrichter etablieren kann. Zunächst einmal sollte man ein dickes Fell entwickeln, sodass man sich nicht jede Kritik zu Herzen nimmt. Außerdem muss man lernen zu filtern, welche Kritik berechtigt ist und welche nicht.
Das Wichtigste ist aber, dass man berechtigte und vor allem konstruktive Kritik annimmt und sich auf Grundlage dessen überlegt, wie man ähnliche Situationen in Zukunft besser lösen kann. Auch diese Fähigkeit der Selbstoptimierung bringt mich im Alltag weiter.
Stets das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung und die Bereitschaft, das Beste zu geben ist immens wichtig, um auch für sich persönlich weiter voranzukommen.
Als Schiedsrichter hat sich meine Persönlichkeit durch die Vielfalt dieser Herausforderungen kontinuierlich weiterentwickelt. Die aufgeführten Punkte sind nicht nur auf dem Spielfeld wichtig, sondern machen die Person hinter dem Schiedsrichter auch im Alltag zu einem ausgeglicheneren und widerstandsfähigeren Menschen.
Am Ende des Tages ist die Schiedsrichtertätigkeit für mich nicht nur ein Hobby, sondern eine Schule des Lebens, die mir hilft, nicht nur ein besserer Schiedsrichter, sondern auch eine bessere Version meiner Selbst zu sein.
Mit fußballerischem Gruß,
Lars
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